SAISONBEGINN 2024 IST AM 1. MAI 2024

Schloss Ippenburg

Der glückliche Ort

Eutopia oder Utopia – das ist hier die Frage!

Zum Jahreswechsel ist die Versuchung groß, über Hoffnungen, Möglichkeiten, Ziele, Chancen – ja vielleicht gar über Utopien nachzudenken und zu schreiben.

Vor über 500 Jahren erschien der satirische Roman Utopia von Thomas Morus, einem freigeistigen Humanisten, Philosophen und Lordchancellor unter dem berühmt-berüchtigten Heinrich VIII – den der Humanist Philip Melanchton wegen dessen Grausamkeit als „englischen Nero“ bezeichnete. Da Thomas Morus sich weigerte, die Vorherrschaft Heinrichs VIII. zu beeiden, ließ der König ihn 1535 als Hochverräter hinrichten. 

  

„Vom besten Zustand des Staates und der neuen Insel Utopia“. So nannte Thomas Morus sein Werk, wobei er mit dem griechischen Wort „eutopia“, das er frei erfand, einen schönen, guten, glücklichen Ort beschreiben will, während das daraus entstandene „u-topia“, einfach nur einen Nicht-Ort bezeichnet.

Der Roman löste eine Welle sogenannter utopischer Romane und Schriften, von Science Fiction – und Fantasyfilmen aus, die bis heute ungebrochen und gerade in unseren „dystopischen“ Zeiten hochaktuell ist.

Die Worte Eutopia (glücklicher Ort) und Utopia (Nicht-Ort) werden im englischen gleichlautend ausgesprochen: „ju-topia“, sodass im Gespräch der „glückliche Ort“ und der „Nicht-Ort“ identisch klingen. Aus diesem Wortspiel entstand „Utopia“ – und aus der Verkennung des Wortspiels die „Utopie“.

Ob bewusstes Wortspiel, Bonmot oder Scherz –  ob Zufall oder Fehldeutung – Seit 500 Jahren hat der Begriff Utopie, der für optimistisch-fantastische Ideale, für Zukunftsentwürfe und Visionen einer besseren Gesellschaft steht, „Hochkonjunktur“ und nur sein negatives Gegenstück, die „Dystopie“ erfreut sich von Zeit zu Zeit noch größerer Anhängerschaft. 

Wie zum Beispiel jetzt – in unseren Zeiten, in denen eine bedrohliche Pandemie, zahllose Kriege und brodelnde Kriegsherde, Umweltkatastrophen und Klimawandel die Welt am Schlafittchen halten – das Wort „dystopisch“ ist in aller Munde und hat alle Chancen zum Wort des Jahres gekürt zu werden.

Die älteste Utopie der Menschheit – und viele Jahrtausende älter als besagter Roman –  ist das Paradies. Vom sumerischen Dilmun, dem wohl ältesten Paradiesmythos, dem Garten Eden bis zu Arkadien oder Nirwana, Avalon, Walhalla oder der Garten der Hesperiden – alle Religionen und Schöpfungsmythen haben dort ihren Anfang. 

Das Paradies, das immer als fruchtbarer, meist geometrisch angelegter, lustvoll und liebevoll gepflegter Garten dargestellt wurde, ist zum Sehnsuchtsort aller Menschen geworden und ein schön angelegter Garten ist ein tiefes menschliches Bedürfnis. Überall auf der Welt legte man und legt noch heute Gärten an.

Im Gegensatz zum Menschen, dessen Lebenszeit Anfang und Ende hat, dessen Leben sich auf einem Zeitpfeil abspielt, ist der Garten zyklisch, ein in sich geschlossener Kreis. Er folgt dem Kreislauf der Jahreszeiten, dem Wechsel von Tag und Nacht, Regen, Sonne, Sturm, Hagel, Schnee….dem rhythmisch wiederkehrenden Immergleichen. 

Der Mensch ist linear. Er bewegt sich wie auf einem Pfeil, der seinen Ursprung in der Vergangenheit hat, geradeaus über die Gegenwart gleitet und vorwärts in die in die Zukunft weist.

Das ist das Spannungsfeld von Mensch und Garten, Mensch und Natur. Das ist das Faszinierende am Garten seit Jahrtausenden.

Der Garten ist gelebte Utopie – und zwar im ursprünglichen Sinne, der „Eutopia“, des „glücklichen Ortes“! Daran können weder Pandemien noch Dystopien oder Schreckensszenarien welcher Art auch immer etwas ausrichten – Der Garten stellt, wie Matthias Horx, der bekannte Zukunftsforscher sagt, „die sichere Wirklichkeit in einer unsicheren Wirklichkeit“ dar.

Das Glück des schaffenden, pflegenden und ´sorgenden` Gärtners besteht darin, dass er für ein paar Stunden, Tage, Wochen, ja vielleicht für ein ganzes Leben, teilhat an dem zyklischen, immer gleichen Rhythmus aus wachsen, reifen, sterben, vergehen, erneut keimen, wachsen usw…..Und dass er dabei gestaltend eingreift, sortiert, ordnet, schneidet, jätet, bindet und — das Schönste kommt am Schluss— erntet und genießt! 

Über dem Garten des griechischen Philosophen Epikur (341 v. Chr.)  soll gestanden haben, „Hier wohnt das Glück“. „Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt.“ So lud Epikur seine Gäste in seinen Garten ein.

Das könnte auch über dem Ippenburger Garten stehen. Besonders über dem Küchengarten und am Eingang der Wildnis. Das sind Orte des Glücks. Besonders auch für mich und mein Team. Ich bin glücklich, Teil dieses wunderbaren Teams zu sein. Und ich freue mich, dass wir ab 1. Mai 2022 die Gärten wieder öffnen können.

„Die Hauptaufgabe eines Gartens ist es, seinem Besucher die schönste und höchste Art des irdischen Vergnügens zu bereiten!“ Diesem Satz von Gertrude Jekyll, der berühmten „Grand Old Lady“ der englischen Gartenkunst, fühlen wir uns verpflichtet – seit über 25 Jahren arbeiten wir mit Leidenschaft, Lust und unerschöpflicher Energie an unserer „Eutopia“, dem glücklichen Ort, um ihn zu einem Garten schönster und höchster „irdischer Vergnügen“ zu machen! 

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